Der Sohn ist der Boss, der Vater sein Co-Trainer

Von Stephan Neumann, AAR-Bote 11.07.2019

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Timo und Ralf Amthor erfüllen beim Fußball-B-Ligisten SC Daisbach das Modell der ungewöhnlichen Art mit Leben und viel Herzblut

Daisbach. Der Vater als Trainer des Sohnes oder der Söhne – ohne diese Facette wäre im Teamsport, vornehmlich beim Fußball, die Betreuung aller Nachwuchsmannschaften überhaupt nicht gewährleistet. Bei Ralf Amthor lief das genauso. Er schlüpfte durch seinen älteren Sohn Nils quasi von jetzt auf gleich beim TuS Hahn in die Rolle des Jugendtrainers. Der damalige Coach habe ihm bei Nils‘ erstem Training einfach die Schlüssel in die Hand gedrückt, erinnert sich der 57-Jährige, der in der Folge auch seinen jüngeren Sohn Timo unter seinen Fittichen hatte.

So fing in Sachen Fußball alles an – so weit, so normal. Doch mit Blick auf die neue Saison hat das Faible für den Fußball in Familie Amthor einen völlig neuen Anstrich erfahren. Einen höchst ungewöhnlichen. Timo (24) fungiert beim Untertaunus-B-Ligisten als SC Daisbach als neuer Spielertrainer, Vater Ralf hat den Co-Trainerpart übernommen und Nils (27) ist als Spieler dazugekommen. „Ich hatte erst Bedenken und habe mich gefragt: Kannst du den Schnabel halten, wenn du im zweiten Glied stehst? Doch nach acht, neun Trainingseinheiten und drei Spielen kann ich sagen, dass es sehr gut klappt. Wir ergänzen uns, indem ich draußen der Ruhepol, so etwas wie die Vaterfigur für alle bin. Und auch versuche, die Heißsporne im Team in die richtigen Bahnen zu lenken“, sagt Ralf Amthor und ist fest davon überzeugt, dass die bestehende Rollen- und Aufgabenverteilung dauerhaft Bestand haben wird.

„Funken definitiv auf einer Wellenlänge“: Timo räumt derweil ein, dass es zunächst einen anderen Anwärter als Co-Trainer gegeben habe. Doch das ergab sich nicht. „Ich hatte dann die Idee mit meinem Vater. Und das ist auf jeden Fall eine gute Entscheidung. Wir funken definitiv auf einer Wellenlänge, haben immer Bundesliga-Spiele im Fernsehen geschaut und diskutiert, wer in welcher Form taktisch agiert. In Daisbach sprechen wir uns vor Training und Spiel ab. Aber ich mache mir schon die Hauptgedanken“, streicht der 24-Jährige heraus, der in der IT-Branche arbeitet.

Beide mit ausgeprägten Erfahrungen in der SVWW-Schmiede: Der Sohn ist der Boss, der Vater unterstützt – daran wird nicht gerüttelt. Wo doch beide ganz viel Know-how mitbringen. Timo, der Innenverteidiger oder Sechser spielt, durch seine Zeit im Nachwuchsleistungszentrum des SV Wehen Wiesbaden. Und durch insgesamt drei Kreisoberliga-Spielzeiten im Männerbereich bei der JSG Aarbergen und zuletzt beim SV Wallrabenstein.

Ralf Amthor gelangte durch den guten Draht zu Trainer-Koryphäe Ralf Peuckmann in die Wehener Nachwuchsschmiede, war eigenständig im U 11-Bereich tätig und coachte mit Keutmann die U 15. „Eine ganz tolle Erfahrung mit motivierten und engagierten Spielern. Ich bereue keinen Tag, das lief mit Professionalität ab“, schaut er zurück. Es war um 2008 auch die Zeit, als Jannis Ackermann aus der SVWW-U15 zum FC Bayern wechselte, aber aufgrund mehrerer schwerer Verletzungen nicht den ersehnten Sprung schaffte.

Bayerns Giovane Élber entfacht das Feuer: Apropos FC Bayern: Ein Urlaub am Tegernsee Ende der 1990er wurde zum Schlüsselerlebnis. „Wir sind dem damaligen Bayer-Ersatztorhüter Sven Scheuer begegnet und haben so vom Trainingslager der Bayern erfahren. Dort haben wir zugeschaut. Giovane Élber durfte nach einer Verletzung nicht voll mitmachen, hat aber doch mit Ball geübt. Daraufhin hat Trainer Ottmar Hitzfeld gebrüllt und ihn zum Duschen geschickt. Im Vorbeigehen hat Élber Timo über die Haare gestrichen und zu ihm gesagt: Du wirst einmal ein Großer. Danach hat Timo gegen jeden Ball getreten“, schildert Ralf Amthor.

Tizian Rock mit dickem Lob für neues Tandem: Die damals entfachte Begeisterung bringt Timo Amthor nun auch als Coach ein. „Wir wollen als SC Daisbach Positives ausstrahlen, auch außerhalb des Platzes. Alles lebt vom Teamgeist. Und die Jungs sollen gerne ins Training gehen“, bekräftigt der junge Spielertrainer, der seine neue Aufgabe zudem mit gesundem Ehrgeiz angeht. „Du quälst dich, weil im Training viel Abwechslung herrscht. Hut ab, die beiden machen das sehr gut“, lobt Torhüter Tizian Rock das neue Trainer-Duo der ungewöhnlichen Art.